Im Vorwege der Bürgerschaftswahlen veranstaltet die „Arbeitsgemeinschaft Kirchliche Flüchtlingsarbeit“ in Zusammenarbeit mit dem BHFI am 3.2.2020 ein kritisches Diskussionsforum zur Flüchtlingspolitik in Hamburg.
Bereits 2004 positionierte sich in Hamburg ein Bündnis unter dem Motto „Einspruch! Gegen die Hamburger Flüchtlingspolitik“.
Während sich einiges im Bereich der Unterstützung und Integration von Geflüchteten und Migranten verbessert hat, hat sich anderes eindeutig verschärft und wir stellen immer noch fest: Trotz vielfältiger Unterstützungsstrukturen besteht weiterhin eine unzureichende gesellschaftliche Teilhabe geflüchteter Menschen. Zugleich sehen wir eine Fokussierung auf das Thema Abschiebung und Verschärfung der Abschiebehaft anstelle von Integrationsmöglichkeiten. Deshalb wollen wir heute, 16 Jahre später, mit unserer Veranstaltung
„Einspruch! Spielräume Nutzen –
Forderungen an die Hamburger Flüchtlingspolitik“
verdeutlichen, dass die Themen von damals heute immer noch aktuell sind.
Hamburg hat Spielräume, neue Wege in der Flüchtlingspolitik zu gehen. Deshalb fordern wir in drei zentralen Themenfeldern ein Umdenken und Einlenken:
Ankommen
Menschen mit Fluchterfahrung brauchen besondere Unterstützung beim Ankommen, keine monatelange Wartezeit in Hallen am Stadtrand mit unklarer Perspektive. Sie benötigen Zeit und unabhängige Beratung statt Rückkehrdruck.
- Wir fordern eine Umstrukturierung des Ankunftszentrums in Rahlstedt und die Reduzierung der Wohnpflicht dort auf wenige Tage (wie bis Oktober 2018).
- Wir fordern eine angemessene Ankommens- und Orientierungsphase von drei Wochen vor Beginn des Asylverfahrens.
- Wir fordern eine unabhängige und verlässlich gewährleistete Rechtsberatung für jede asylsuchende Person.
- Wir fordern eine frühzeitige und systematische Erkennung besonderer Schutzbedarfe vulnerabler Personen, z. B. traumatisierter Menschen oder Opfer von Folter und sexualisierter Gewalt sowie deren Berücksichtigung bei Unterbringung, sozialer Betreuung und Verfahrensgestaltung.
Aufenthalt
Integration im Sinne von Partizipation muss für alle möglichst frühzeitig einsetzen: Menschen, die in Hamburg ankommen, brauchen gleichberechtigten Zugang zu Wohnungen, Arbeit, Sprachkenntnissen sowie zu sozialen und kulturellen Angeboten.
- Wir fordern, die Zugangssperren zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt möglichst abzubauen (Arbeitsmarktzugang für Asylsuchende und Geduldete so früh wie möglich; Ermessensspielräume – auch bei der geplanten Beschäftigungsduldung – nutzen; „3+2“- Regelung weiterhin großzügig umsetzen).
- Wir fordern transparente Verfahren für die Verteilung auf UPWs (Unterkünfte mit der Perspektive Wohnen) und Wohnunterkünfte.
- Wir fordern die gezielte Förderung von aufsuchender Lebenslagen- und Sozialberatung in den Erstaufnahmen durch freie Träger, auch für Menschen mit vermutet schlechter Bleibeperspektive, um z.B. humanitäre Aufenthaltsgründe besser geltend zu machen.
- Allen nach Hamburg kommenden Menschen sollte frühzeitiger Zugang zu Deutschkursen gewährt werden (ohne Abstufungen nach der sogenannten Bleibeperspektive).
- Wir fordern einen besseren Zugang zu langfristig angelegten psychiatrischen und psychologischen Therapien auch für Menschen mit Duldung.
Abschiebung
Im Bereich der Abschiebung werden Gesetze und Praxis zunehmend restriktiver. Mehr Menschen werden in Abschiebungshaft genommen oder bei Terminen in der Ausländerbehörde festgenommen und abgeschoben. Immer häufiger sind kranke Menschen, Familien und andere Personen mit besonderem Schutzbedarf Opfer dieser neuen Politik der Härte.
- Wir fordern, dass kranke Menschen nicht abgeschoben und Familien nicht getrennt werden.
- Wir lehnen insbesondere Abschiebungen in Gebiete ab, in denen Bürgerkrieg oder Terror herrschen (etwa Afghanistan und Somalia).
- Wir fordern, von nächtlichen Abholungen und dem Betreten von Wohnungen ohne richterliche Anordnung generell abzusehen.
- Wir fordern, dass bei Anzeichen krankheitsbedingter Reiseunfähigkeit eine ärztliche Begutachtung der einschlägigen Fachrichtung erfolgen muss und diese berücksichtigt wird.
- Wir fordern eine unabhängige Rechtsberatung in der Hafteinrichtung.
- Wir fordern den generellen Verzicht auf Abschiebungshaft, insbesondere für Familien mit Kindern, für unbegleitete Minderjährige und für Traumatisierte.